Der einzige Tiefwasserhafen

Deutschland ist eine Industrie- und Exportnation, die Wirtschaft lebt also zum großen Teil vom Verkauf ihrer Güter ins Ausland. Ohne eine verlässliche und gut funktionierende See- und Binnenschifffahrt geht das nicht. Die großen Häfen liegen alle an der Nordsee.

U

m es vorweg zu sagen: Im Kreis der deutschen Containerhäfen gehört Wilhelmshaven eher zu den kleineren. Hamburg und Bremerhaven schlagen deutlich mehr Fracht um und sie sind auch deutlich älter. Wilhelmshaven ist quasi ihr jüngerer Bruder, er gedeiht und wächst langsam heran. Und, wie das bei Geschwistern so ist, hat auch er sich quasi eine Nische gesucht. Der JadeWeserPort ist Deutschlands einziger Tiefwasserhafen. Was ihm nicht unerhebliche Vorteile verschafft gegenüber den älteren Geschwistern, zumindest potenziell: Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums gibt es einen Trend hin zu größeren Schiffen mit höherer Ladekapazität. Und damit auch mehr Tiefgang.

Am JadeWeserPort vor Wilhelmshaven können Containerriesen mit einem Tiefgang bis zu 16,50 Meter problemlos einfahren und anlegen. Und zwar unabhängig davon, ob Ebbe oder Flut herrscht. In Hamburg dagegen ist bei 13,50 Meter Schluss. Ein Meter mehr ist möglich, allerdings nur in engen Zeitfenstern, je nach Wasserstand. Außerdem müssen gut 130 Kilometer Elbe überwunden werden zwischen der Nordsee und dem Hamburger Hafen. Bremerhaven ist durch seine Nähe zum Meer zwar auch günstiger zu erreichen, bietet aber auch keine tideunabhängigen 16,50 Meter Tiefgang.

Entstehung
Wilhelmshaven hat mehr als nur einen Hafen: Es gibt den für die Marine, es gibt gleich mehrere für private Segler, Surfer und Kanuten, es gibt einen sehr großen Öl-Importhafen und schließlich gibt es den Containerhafen, den JadeWeserPort. Erste Vorstöße, einen Container-Tiefwasserhafen an der Jade zu bauen, gab es schon 1993, schreibt die hafeneigene Marketingorganisation. In den Jahren 1998 und 2000 seien eine Potenzialanalyse und eine Machbarkeitsstudie angefertigt worden. 2003 schließlich gründeten die Regierungschefs der Länder Niedersachsen und Bremen eine Realisierungs-Gesellschaft, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Fünf Jahre später begann der Bau, der viereinhalb Jahre dauern sollte. Immerhin musste das gesamte Hafengelände erst aufgespült werden. Die Fläche etwas nördlich von Wilhelmshaven wurde also ganz neu geschaffen.
Der JadeWeserPort gehört den Ländern Niedersachsen und Bremen und wird von der Eurogate-Gruppe betrieben.

Die Reederei Hapag-Lloyd ist aktuell dabei, mit einzusteigen. Der Hafen in Zahlen: 1725 Meter Kajenlänge, 18 Meter Tiefgang, Umschlagskapazität bis zu 2,7 Millionen Standardcontainer pro Jahr. Davon ist man allerdings noch weit entfernt. 2021 wurden hier 712.000 Standardcontainer befördert. Partnerhäfen sind die in Ningbo und Qingdao (China) und Busan (Südkorea). Acht Reedereien haben den JadeWeserPort fest in ihren Fahrplan aufgenommen. Sie verbinden Wilhelmshaven mit Zielen in Asien und über kleinere Schiffe mit Nord- und Osteuropa.
Das Hafengelände ist über einen 16-gleisigen Vorstellbahnhof direkt an das Schienennetz der Deutschen Bahn angebunden. Und neuerdings auch an China, den wichtigsten Handelspartner des Hafens. Im Juli 2021 war hier der erste Direktzug aus der chinesischen Stadt Hefei in der Provinz Anhui angekommen. Er war gut drei Wochen unterwegs gewesen und damit schneller als die Schiffsverbindungen. Der Zug transportierte überwiegend Haushaltsgeräte sowie Textilien und Elektroartikel, die dann von Wilhelmshaven aus in das Hinterland verteilt wurden. Betreiber dieser neuen Zugverbindung ist die staatliche Hafenbetriebsgesellschaft Hefei International Land Port.

Wer Interesse am JadeWeserPort hat, kann ihn sich auch selbst mal ansehen. Zusammen mit einem fachkundigen Gästeführer geht es im Hafenbus über Teile des Hafengeländes. Während der etwa 60-minütigen Fahrt gibt es einen Einblick zum aktuellen Geschehen im Hafen, den Arbeiten vor Ort sowie den Meilensteinen der Baugeschichte.

Die Fahrten starten am JadeWeserPort-Infocenter, einer großen Box am Rande des Hafengeländes. Auf dessen Homepage jadeweserport-infocenter.de können die Abfahrtzeiten der Busse eingesehen werden. Außerdem bietet das Infocenter eine interaktive Ausstellung mit Schifffahrtssimulator. Zusätzlich gibt es Videovorführungen, die eindrucksvoll schildern, wie die heutige Hafenfläche quasi aus dem Nichts entstanden ist.

Bild: Imke Oltmanns

Der Geograph Peter Kremer in CarolinensielDünensingen Langeoog