Küstenschutz auf vier Hufen

Wieso gehören die Schafe zum Deich? Das mag sich so manch einer fragen, der die Tiere überall auf den Deichen friedlich grasen sieht. Die Antwort ist einfach: Mit ihren vielen kleinen Trippelschritten, treten sie den Deich permanent fest – und sorgen so für Sicherheit, auch wenn es mal „kibbelig“ wird.

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it jeder Flut laufen 400 Millionen Kubikmeter Wasser in den Jadebusen. Wenn diese riesige Wassermasse bei ruhigem Wetter kommt, ist das kein Problem. Wenn es jedoch „kibbelig“ wird und Sturm dazukommt, dann wird das Wasser zur Gefahr. Aus diesem Grund sind die Küsten eingedeicht und die
Deiche werden gehegt und gepflegt. Sie sind schlicht die Lebensversicherung der Menschen, die an der Küste leben. Eilt-Onno Garlichs ist der Verbandsvorsteher des III. Oldenburgischen Deichbandes. Der ist zuständig für die 60 Kilometer lange Deichlinie von Dangast in Varel bis nach Harlesiel in Ostfriesland. Er sagt: „Deiche sind Küstenschutzobjekte, also Bauwerke. Die dürften normalerweise überhaupt nicht betreten werden.“ Tatsächlich muss sich der Deichband eine Ausnahmegenehmigung von der Aufsichtsbehörde einholen, um den Zutritt zum Deich erlauben zu können. „Wir wollen das ja gar nicht verbieten“, sagt der Verbandsvorsteher. Jedoch sollten sich die Menschen der Bedeutung der Deiche bewusst sein. Am Elisabethgrodendeich im Wangerland ist deshalb ein Küstenschutz-Camp errichtet worden. Dort wird das Thema auf sehr anschauliche Art erklärt. Das generelle Betretungsverbot der Deiche gilt jedoch ausdrücklich nicht für Schafe. „Sie sind unsere wichtigsten Mitarbeiter“, erklärt Garlichs. Denn Schafe sorgen mit ihrem Verbiss und ihren vielen kleinen Trippelschritten für eine besonders feste Grasnarbe. Auch Maulwurfsgänge oder andere kleinere Löcher im Deich werden durch die Schritte der Tiere wieder verschlossen. Die Schafsherden werden deswegen auch „Trippelwalzen“ genannt. „Das ist so bislang maschinell gar nicht möglich“, sagt Jochen Fass. Er ist Deichschäfer und für den Deich von der Hooksieler Schleuse bis zum JadeWeserPort in Wilhelmshaven zuständig. Der Wilhelmshavener besitzt 2000 Mutterschafe. Hinzu kommen jedes Jahr hunderte Lämmer. Wer seinen Stall im Voslapper Groden betritt, versteht schon bald sein eigenes Wort nicht mehr. Die Schafe machen ordentlich Krach. Der fremde
Besuch regt sie auf.

Im Stall sind sie allerdings nie lange. Vom Frühjahr bis in den Herbst hinein laufen sie mit ihren Lämmern auf den Deichen. „Die Faustregel ist neun Mutterschafe plus Nachzucht auf einem Hektar Deich“, erklärt der Schäfer. Im Herbst werden die Tiere umgeweidet und dürfen die Reste von den Weiden anderer Landwirte abfressen. „Sie kommen nur zum Lammen rein“, erzählt der Deichschäfer. Ein Problem, mit dem Deichschäfer Fass und seine Kollegen immer mal wieder zu kämpfen haben, sind Hunde beziehungsweise uneinsichtige Hundebesitzer. Denn dort, wo Schafe auf dem Deich laufen, sind Hunde eigentlich verboten. „Die Hundeverbotsschilder stehen nicht umsonst überall. Mindestens sollten sie an der Leine gehen“, sagt Garlichs. Der Grund: Schafe sind Fluchttiere und sie geraten in Panik, sobald sie einen Hund sehen. „Das bringt eine unheimliche Unruhe in die Herde“, sagt Deichschäfer Fass. Auch Müll lande immer wieder auf den Deichen und mitunter auch in den Mägen der Tiere. „Daran sind schon einige gestorben“, sagt er.

Der Deichband versucht, möglichst viel Fläche auf den 60 Kilometern Deich mit Schafen zu beweiden. „Zwischen Dangast und Harlesiel sind das etwa 6000 Mutterschafe und 10.000 bis 11.000 Lämmer“, sagt Garlichs. Überall ist das jedoch nicht möglich. Denn Küstenschutz mit Schafen und Tourismus passen an einigen Stellen einfach nicht zusammen. So laufen in Wilhelmshaven vom Südstrand bis zum Banter Fischerdorf keine Schafe und auch in Horumersiel und Schillig im Wangerland wird auf die vierbeinigen Helfer verzichtet. „Da ist einfach zu viel los“, sagt der Verbandsvorsteher. Die Deiche seien auch in diesen Bereich gut. „Aber da, wo die Schafe sind, bekommt der die Auszeichnung Plus mit Sternchen“, sagt Eilt-Onno Garlichs.

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